Wie doinstruct die Schulung von Frontline Workern revolutioniert

Frontline Worker sind diejenigen, die den direkten Kontakt mit den Kunden, den Produkten oder den Maschinen haben, z.B. Lager-, Produktions-, Pflege- oder Verkaufspersonal. Sie sind oft das Gesicht und das Herz eines Unternehmens, aber auch diejenigen, die am wenigsten Zugang zu digitalen Schulungen, aber den höchsten Schulungsbedarf haben. Das will das HTGF-Portfoliounternehmen doinstruct ändern, das eine innovative Plattform für die Schulung von Frontline Workern anbietet. Das Startup aus Osnabrück hat seit 2021 eine beeindruckende Wachstumsgeschichte hingelegt. Wir haben uns mit Charlotte Rothert, Mitgründerin und CEO von doinstruct und Christian Arndt, Principal beim HTGF, zusammengesetzt, um mehr über die Gründungsgeschichte, die jüngste Finanzierungsrunde mit Creandum und die Vision des Startups zu erfahren.


Charlotte Rothert, Mitgründerin und CEO von doinstruct und Christian Arndt, Principal beim HTGF

Charlotte, wie seid ihr zur Idee für doinstruct gekommen?
Charlotte Rothert: Ich bin gelernte Landwirtin und habe Großbetriebe restrukturiert, also Betriebe mit vielen Mitarbeitenden mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig gut geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Erfolg und die Produktivität eines Betriebes sind. Ich habe viel Zeit in das Training investiert, aber ich habe keine digitale Lösung gefunden, die meinen Ansprüchen genügte. Fast alle Lösungen waren von Schreibtischtätern für Schreibtischtäter gemacht, aber nicht für die 80% der Bevölkerung in operativen oder gewerblichen Bereichen.

Dann hat mich Thorsten kontaktiert, mein heutiger Mitgründer, der das gleiche Problem in der Industrie hatte. Er hatte ein E-Learning im Einsatz, das nur Büromitarbeitende erreichte. Zusätzlich gab es eine App, aber die hatte nur 30% Download-Rate. Also gab es eine große Lücke zwischen den Schulungsangeboten und den Bedürfnissen der Frontline Worker.

Also habe ich meinen zweiten Mitgründer Daniel ins Boot geholt, das technische Brain hinter doinstruct. Wir haben recherchiert, ob es ein Tool gibt, das barrierefrei, einfach, multilingual, voll integriert und automatisiert in die bestehende IT-Infrastruktur jeden Mitarbeitenden erreicht.  Und schlussendlich nichts gefunden, was uns überzeugt hat. Anschließend haben wir 1000 Mitarbeitende befragt, wie Schulungen aussehen müssen, damit sie jeden erreichen. Wir haben den ersten Prototypen gebaut und schnell iteriert. Später ist Thorsten dann als Mitgründer eingestiegen. Er war so begeistert von der Idee, dass er dabei sein wollte. Und vor ein paar Wochen kam Mona dazu, unsere vierte Mitgründerin, eine absolute Produktkoryphäe, die uns mit ihrer Erfahrung optimal ergänzt.

Was macht doinstruct und wie profitieren die Mitarbeitenden sowie das Unternehmen?
Charlotte Rothert: Mitarbeiterschulungen für Frontline-Worker waren noch nie so einfach wie mit doinstruct. Viele Unternehmen erreichen ihre Mitarbeiter ohne festen Desktop-Arbeitsplatz nicht und schulen diese umständlich über Computer, die in der Produktion stehen oder in langen Präsenzschulungen. Die Schulungsquoten sind schlecht, nicht gut nachhaltbar und für die Mitarbeitenden aufgrund von Sprachbarrieren und teils mangelnden Sprachkenntnissen nicht verständlich. Mit doinstruct können die Schulungen vollautomatisiert, jederzeit und überall auf dem Smartphone oder Tablet absolviert werden, ohne einen Desktop-Arbeitsplatz oder eine E-Mail-Adresse zu benötigen. Und ganz wichtig, vor dem ersten Arbeitstag in der jeweiligen Muttersprache des Mitarbeitenden.

Außerdem haben erkannt, dass es in jeder Branche viele Pflichtschulungen gibt, die zu 80% gleich sind und aufwändig in jedem Unternehmen aktualisiert werden müssen. Und genau diese Schulungen stellen wir unseren Kunden als Library zur Verfügung. Über 100 Videos in 20 Sprachen, kurz und knackig mit Storytelling-Elementen. Die Kunden können dann die Schulungen nach ihren Bedürfnissen individuell kombinieren oder anpassen, zum Beispiel mit einem kurzen Reel oder bestehenden Materialien ergänzen.

So können sie ihre Mitarbeitenden automatisiert auf dem neuesten Stand halten und dabei bis zu 70% der Schulungskosten einsparen und die Implementierungszeiten von teilweise mehr zwei Monaten auf zwei Stunden reduzieren. Wir tracken auch die Schulungsergebnisse und die Lernfortschritte, so dass die Unternehmen immer wissen, wer welche Qualifikation hat und wie effektiv die Schulungen sind. Oder Audits oder Kontrollen auf Knopfdruck vorbereiten können.

Christian, wie bist du auf doinstruct aufmerksam geworden und was hat dich überzeugt, zu investieren?
Christian Arndt: Ich bin auf doinstruct aufmerksam geworden, als ich einen Vortrag beim Venture Club in Münster gehalten habe. Mitgründer Thorsten war im Publikum und hat mich danach angesprochen und wir sind in Kontakt geblieben. Überzeugt haben mich das Team und das Produkt. Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl, dass das menschlich passen würde. Zudem lösen sie ein echtes Problem, das viele Unternehmen haben, die Frontline Worker beschäftigen. Und sie haben das nicht aus einem der großen Startup-Hotspots heraus gemacht, sondern aus Osnabrück, wo sie auch einen guten Draht zu ihrer Zielgruppe haben. Außerdem haben alle drei einen relevanten Track Record in dem Bereich, in dem sie unterwegs sind. Sie haben also das Know-how, das Netzwerk und die Leidenschaft, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Und das haben sie auch in den letzten zwei Jahren bewiesen.

Und wie hat sich die Zusammenarbeit zwischen euch gestaltet?
Charlotte Rothert: Wir haben sehr viel von Christian und dem HTGF gelernt. Er hat uns immer gut kalibriert, uns Tipps gegeben, Podcasts empfohlen, uns zu Veranstaltungen eingeladen. Er war unser Cheerleader und hat immer die Werbetrommel gerührt, aber auch unser Sparringspartner. Er hat uns immer die richtigen Fragen gestellt, uns gefordert, uns gefördert, uns unterstützt. Er war immer erreichbar, wenn wir mal einen Rat brauchten oder eine Idee hatten.

Christian Arndt: Ich kann das nur zurückgeben. Das Team war immer sehr offen, ehrlich und proaktiv. Wir hatten nie das Gefühl, dass irgendwas verheimlicht oder geschönt wurde, so dass wir immer auf Augenhöhe ins Sparring gehen konnten. So konnten wir Herausforderungen und Strategien diskutieren und gemeinsam Lösungen finden. Das Team hat auch immer sehr viel Eigeninitiative gezeigt, sich weitergebildet und weiterentwickelt. Man konnte ihnen praktisch beim Wachsen zuschauen, sowohl auf persönlicher als auch auf unternehmerischer Ebene.

Charlotte, ihr habt gerade eine 7,6 Mio. € Seed-Finanzierung mit Creandum abgeschlossen. Wie habt ihr das erlebt?
Charlotte Rothert: Wir haben uns gefragt: Mit wem wollen wir arbeiten, wo wollen wir hin, wer passt zu unserer Reise? Wir hatten eine Longlist, aber Creandum war von Anfang an einer unserer Wunschpartner. Viele Investoren haben immer wieder Interesse bekundet, aber wir haben sie zunächst vertröstet, weil wir erst mal unsere Zahlen bringen und unseren Job machen wollten. Als das Interesse so groß wurde, dass wir es nicht mehr ignorieren konnten, haben wir gesagt: OK, dann machen wir jetzt einen zügigen Fundraising Prozess. Und das war wirklich eine schnelle Runde. Wir haben innerhalb von elf Tagen ein Termsheet bekommen. Das war eine Mischung aus guter Execution und einer guten Vorarbeit. Und natürlich an Creandum, die einfach wissen, wie man großartige Fundraising-Prozesse macht und uns dazu gebracht hat, 25 anderen Investoren abzusagen.

Christian Arndt: Ich denke, der Erfolg zeigt, dass das Team ein Produkt entwickelt hat, das einen echten Marktbedarf erfüllt und die Kundenprobleme effektiv löst. Das ist die Basis, um so eine Finanzierungsrunde überhaupt möglich zu machen. Die Finanzierungsrunde ist  ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem marktführenden Unternehmen. Das Fundament dafür hat das Team durch seine hervorragende operative Arbeit und seinen Fokus auf die Kundenbedürfnisse und das Produkt gelegt.

Und was sind jetzt die nächsten Schritte und Ziele für doinstruct?
Charlotte Rothert: Wir haben noch viel vor. Wir wollen in neue Verticals expandieren, denn wir glauben, dass unsere Lösung für viele Branchen relevant ist. Heute sind wir in der Lebensmittelindustrie, der Logistik und der Baubranche unterwegs. Kurzfristig werden wir auch Manufacturing abdecken. Wir wollen auch international wachsen, denn wir haben Kunden, die auch Standorte außerhalb von Deutschland haben, die auch mit uns arbeiten wollen. Wir haben schon 20 Sprachen im Angebot, das ist ein großer Vorteil. Wir wollen auch unsere Technologie weiterentwickeln, vor allem im Bereich AI-Enablement. Wir wollen das Thema Content-Erstellung noch smarter und automatisierter machen. Wir haben das große Ziel, 2026 nur noch 10% human-generated Content anzubieten. Wir wollen auch weitere Produkte entwickeln, zum Beispiel haben wir gerade ein Besuchermodul gelauncht, das nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch Besucher und externe Dienstleister schult.

Was sind eure wichtigsten Ratschläge an Gründerinnen und Gründer in der Frühphase?
Christian Arndt: Mein wichtigster Ratschlag ist, sich immer auf die Problemlösung beim Kunden zu fokussieren. Wenn man das nicht macht, hat man am Ende ein Produkt, das niemand braucht. Das hat doinstruct perfekt gemacht, sie haben immer den Kunden im Blick gehabt, haben immer Feedback eingeholt, haben immer optimiert, und schlussendlich einen guten Product-Market-Fit erreicht. Und das hat sich dann auch in den Zahlen und in den Ergebnissen gezeigt.

Charlotte Rothert: Ich glaube, es war auch sehr gut, dass wir in der Krise gegründet haben. Das hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, antizyklisch zu arbeiten, also sich nicht von den äußeren Umständen beeinflussen zu lassen, sondern sich auf seine Stärken zu besinnen, seine Chancen zu nutzen, seine Position zu finden. Ein anderer Ratschlag, den ich noch geben würde, ist, sich nicht zu schämen, wenn man etwas früh veröffentlicht, das noch nicht perfekt ist. Wir haben das auch gemacht, wir haben unseren MVP rausgehauen, der war noch nicht die geilste Lösung auf dem Planeten, aber er hat einen klaren Pain gelöst und wir konnten ihn verkaufen. Wir haben erst mal 1000 Leute befragt, Prototypen gebaut, ausgetestet, weitergemacht. Erst dann sind wir in die Perfektion gegangen. Das war, glaube ich, das, was uns zu Beginn am meisten geholfen hat.

Vielen Dank euch für diese spannenden und wertvollen Einblicke!

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