„Finanzplanung ist kein Luxus“ – Interview mit Karolina Decker, CEO und Gründerin von finmarie im Interview

Wie können Frauen finanziell unabhängig und selbstbewusster in ihren finanziellen Entscheidungen werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Karolina Decker, CEO und Gründerin von finmarie . finmarie ist eine Anlageplattform und mobile App speziell für Frauen, die ihnen hilft, ihr Geld sinnvoll anzulegen und für die Zukunft zu planen. Wir haben mit Karolina Decker darüber gesprochen, wie sie auf die Idee kam, Frauen bei der finanziellen Bildung zu unterstützen, wie ihr Konzept funktioniert und welche Tipps sie für angehende Gründerinnen und Gründer hat.


Mit finmarie habt ihr euch das Ziel gesetzt, insbesondere Frauen bei der Finanzbildung zu unterstützen. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Mit finmarie haben wir uns das Ziel gesetzt, insbesondere Frauen bei der Finanzbildung zu unterstützen. Die Idee entstand aus der Erkenntnis, dass Frauen oft aufgrund historischer Rollenbilder und bestehender Biases häufiger von finanziellen Fehlentscheidungen betroffen sind. Da Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, sind sie ein essenzieller Bestandteil aller Zielgruppen.

Mit dem gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Diversität und Gleichberechtigung entwickeln Frauen auch im Finanzbereich neue Ansprüche an Serviceleistungen und Angebote. Ihre Bedürfnisse werden in der klassischen Finanzberatung jedoch oft nicht ausreichend berücksichtigt. finmarie wurde gegründet, um diese Lücke zu schließen und Frauen die finanzielle Bildung und Unterstützung zu bieten, die sie benötigen.

Karolina Decker, CEO und Gründerin von finmarie

Wie geht ihr hierbei vor? Wie funktioniert euer Konzept?
finmarie ist eine Anlageplattform und mobile App für Frauen in Europa, die sowohl für Privatkunden (B2C) als auch für Unternehmen (B2B) entwickelt wurde. Als umfassende Lösung bietet finmarie digitale Finanzbildung, Vermögensverwaltung mit Robo-Advisor-Tools und eine digitale Versicherungsstrategie. Das Angebot: finmarie will Frauen in erster Linie befähigen, selbst kluge Finanzentscheidungen zu treffen und den Finanzmarkt transparenter und zugänglicher machen. Dabei soll unter anderem die Investment Academy helfen, ein 8-wöchiges Programm, das den Teilnehmerinnen wie eine Art Schritt-für-Schritt Anleitung hilft, ihre Finanzen zu transformieren – von Grundlagenvermittlung bis hin zum ersten Investment. Mehrere Millionen Euro haben Kundinnen mit Hilfe von finmarie mittlerweile investiert.

Für Unternehmen haben wir eine flexible und anpassbare SaaS-Lösung entwickelt. Diese umfasst persönliches Finanzcoaching und eine hybride digitale Financial Wellness Academy, die als White-Label-Option unter der eigenen Marke des Unternehmens angeboten werden kann.

Zahlreiche Studien zeigen immer wieder, dass Frauen anders investieren als Männer, auch weil sie offenbar weniger Finanzbildung haben. Woher kommt dieser Unterschied?
Der Unterschied im Investitionsverhalten von Frauen und Männern lässt sich auf mehrere interessante Faktoren zurückführen. Frauen haben oft weniger Zugang zu Finanzbildung als Männer, was ihr Investitionsverhalten beeinflusst. Während Männer bei Verlusten oft einfach weitermachen und weniger darüber reden, neigen sie dazu, mutiger zu sein – manchmal sogar leichtsinnig und übermütig.

Frauen hingegen sind oft vorsichtiger und risikobewusster. Sie investieren lieber mit einem langfristigen Blick und achten darauf, nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Diese Herangehensweise führt dazu, dass weibliche Portfolios oft stabiler sind und auf lange Sicht sogar besser performen. Durch ihre sorgfältige und weitsichtige Anlagestrategie schaffen Frauen eine solide finanzielle Grundlage für die Zukunft.

30 Prozent der Bundesbürgerinnen fühlen sich finanziell abhängig, 82 Prozent von ihnen sind überzeugt, niemals finanziell unabhängig zu werden. Wie kann ein Angebot wie finmarie hier helfen?
Jede Frau muss lernen, mutiger mit ihren Finanzen umzugehen und aktiv Geld anzulegen. Die Gender Pay Gap, die Gender Investing Gap und die Gender Pension Gap – also, dass Frauen weniger verdienen, weniger investieren und weniger Geld im Alter haben – sind erhebliche Probleme, die dringend angegangen werden müssen.

Deshalb führt für Frauen an einer soliden Finanzplanung kein Weg vorbei. Der Einstieg kann einfach sein, beispielsweise mit einem ETF-Sparplan ab 25 Euro pro Monat. Je früher man startet, desto besser. Entscheidend ist die langfristige Anlage und die konsequente Verfolgung der eigenen Strategie, ohne sich von Marktschwankungen verunsichern zu lassen.

Finanzplanung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für jede Frau. Jetzt ist die Zeit, Verantwortung für die eigenen Finanzen zu übernehmen und die Kontrolle über die finanzielle Zukunft zu erlangen.

Frauen zeigen bei Anlageprodukten eine höhere Risikoaversion, zeigen Studien. Wie vermittelt man mehr Mut, um ggf. auch am Finanzmarkt mehr zu investieren?
Viele Frauen fehlt oft das Selbstvertrauen in ihre finanziellen Fähigkeiten. Doch um erfolgreich ein Vermögen aufzubauen, muss man kein Anlageprofi sein. Man muss weder Makler noch Statistikexperte sein. Leider wurde das Thema Finanzen lange Zeit als sehr kompliziert dargestellt, was Frauen verunsichert.

Aktuell sehen wir auf dem Markt ein deutliches Beispiel dafür, warum Frauen oft zurückhaltend sind: Sie fühlen sich von der Vielzahl an Informationen und Produkten überfordert. Die ständigen Medienberichte über „Top-Aktien“ und „unbedingt zu kaufende“ Investitionen machen die Sache nur komplizierter und undurchsichtiger.

Deshalb setzt sich finmarie dafür ein, mehr Transparenz und Klarheit in die Finanzwelt zu bringen. Wir möchten Frauen ermutigen, die Kontrolle über ihre Finanzen zu übernehmen und ihnen das Selbstvertrauen geben, das sie brauchen, um erfolgreich zu investieren. Jetzt ist die Zeit, sich selbst zu vertrauen und aktiv zu werden!

Was habt ihr auf eurem Weg mit finmarie besonders gelernt? Gab es Überraschungen im Bereich der Finanztätigkeit und Frauen?
Im aktuellen Schulsystem fehlt es an grundlegender Finanzbildung. Kinder in der 6. und 7. Klasse lernen nicht, welche Dienstleistungen und Produkte es auf dem Markt gibt, die für ihre Zukunft wichtig sein könnten. Es erinnert an den viralen Tweet von vor einigen Jahren: Sie können eine Gedichtanalyse in drei Sprachen schreiben, wissen aber nicht, wie man eine Steuererklärung macht. Das muss sich dringend ändern.

Um genau das zu verbessern, haben wir vor Corona die Initiative „Schulgold“ ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, Jugendliche für Finanzen zu begeistern. Wir haben in Berliner Schulen den Unterricht übernommen und ihnen in 45 Minuten die Grundlagen der Finanzwelt beigebracht.

Ihr seid seit 2018 am Start. Seitdem ist viel passiert, die Pandemie, die Zeit der multiplen Krisen. Wie habt ihr als Gründerinnen diese Zeit erlebt?
Die Coronapandemie hat uns alle vor enorme Herausforderungen gestellt. Es musste schnell reagiert werden, unter anderem durch die Umstellung und die Digitalisierung von Arbeitsprozessen. Eine klar definierte Unternehmenskultur (Home Office, Remote Work, Vertrauensarbeitszeit) hat uns sehr gut geholfen. Und es geht letztlich auch immer darum, mental gesundes Verhalten vorzuleben, also als Role Model zu fungieren.

Ihr seid ein weibliches Founder-Team und damit in Deutschland und international in der Minderheit. Was könnt ihr Frauen auf dem Weg mitgeben, die auch gründen möchten?

Erstens: Sei immer auf dem neuesten Stand! Halte dich über die aktuellen Entwicklungen in deiner Branche auf dem Laufenden und sorge dafür, dass dein Unternehmen immer am Puls der Zeit ist. Nutze dazu innovative Tools und Technologien, die dir helfen, deine Prozesse zu optimieren und deine Mitarbeiter zu motivieren.

Zweitens: Fokussiere dich auf deine Stärken! Konzentriere dich auf die Bereiche, in denen du besonders gut bist und setze dort gezielt deine Energien ein. Delegiere Aufgaben, die nicht zu deinen Stärken zählen, an dein Team und nutze ihre Kompetenzen, um gemeinsam noch erfolgreicher zu sein!

Und drittens: Sei mutig und innovativ! Trau dich, neue Wege zu gehen und innovative Ideen umzusetzen. Nur so kannst du dich von der Konkurrenz abheben und dein Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft führen.

Vielen Dank für diese Insights, Karolina.

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